Bernhard Langer ist zweifelsohne der größte Golfer den Deutschland je gesehen hat. Entsprechend groß ist die Hysterie bei den heimischen Golfmedien wenn es um den ewig jungen Anhausener geht. Mit seinem überragenden Sieg bei der Senior Open hat er die Hype-Maschine auf 11 gedreht, schließlich gewinnt man nicht alle Tage mit 13 Schlägen Vorsprung – egal auf welcher Tour. Doch in ihrer verzweifelten Suche nach Klicks und Themen haben die weltweiten Golfmedien (und Golfspieler) leider komplett den Sinn für die Realität verloren, beispielsweise golf.com (die schon 2010 Langer ins Team hieven wollten) und der Tagesspiegel.
Angestachelt wurde die ganze Diskussion von Stellungnahmen aus Langers Altersklasse wie Fred Astaire Tony Jacklin (“An der Stelle von Paul McGinley würde ich ernsthaft über ihn nachdenken, denn selbst die Jungspunde hätten sein Ergebnis nicht erreicht”), Colin Montgomerie (“Ich hoffe Paul McGinley sieht wie er spielt und welch Selbstbewusstsein er hat”) oder Tom Watson (“Ich würde Paul auf jeden Fall sagen, dass der Kerl so gut spielt, dass er einen Captain’s Picks würdig sein könnte”). Gut, eine Empfehlung des gegnerischen Mannschaftskapitäns sollte man mit Vorsicht genießen, doch das hielt die verzweifelt nach Klicks gierenden Golf-Journalisten nicht davon ab, unzählige “Langer for Ryder Cup”-Artikel zu verfassen. Dabei werden insbesondere drei Argumente ins Rennen geworfen: der überragende Senior-Open-Sieg, Langers Erfahrung und Bilanz als Ryder Cupper sowie sein Ergebnis beim diesjährigen Masters, dem einzigen Turnier bei dem Langer in direkter Konkurrenz zur gesamten Golfelite angetreten ist und sämtliche bereits festqualifizierten europäischen Ryder-Cup-Spieler hinter sich ließ.
Doch es hat durchaus seinen Sinn, dass der Qualifikationszeitraum für den Ryder Cup mehr als eine Woche abdeckt. Denn beim Masters war Langer nur viertbester Europäer. Wer anhand dieses Resultats eine Teilnahme von Langer fordert, muss eigentlich auch Jonas Blixt, Miguel Angel Jimenez und Lee Westwood ins Team hieven. Natürlich wird dagegen gleich die große Konstanz von Langer auf der Champions Tour angeführt mit zwei Major-Triumphen, einem weiteren Sieg und insgesamt 13 Top-10-Resultaten bei 14 Starts. Doch die Frage aller Fragen lautet, wie aussagekräftig Ergebnisse auf der Champions Tour sind.
Eine Aussage, die man leider kaum nach objektiven Kriterien treffen kann, sondern in erster Linie auf subjektivem Bauchgefühl beruhen muss. Wer die Stärke der Champions Tour belegen will, verweist auf hervorragende Einzel-Resultate wie Langers Ergebnis beim Masters oder Tom Watsons Beinahe-Sieg bei der Open 2009. Wer das Gegenteil belegen möchte, zeigt auf, dass Watsons zweiter Platz das einzige Top-40-Resultat in elf Major-Starts war, oder dass Langer vor diesem achten Platz bei den letzten zehn Major-Starts neun Mal den Cut verpasste. Die diplomatischste Antwort auf die Frage ist vermutlich, dass die Senioren jederzeit in der Lage sind mit den jungen Hüpfern mitzuhalten – allerdings nur in besonderen Wochen und auf ausgewählten Plätzen.
Denn es hat seinen Grund, dass die guten Major-Resultate entweder beim Masters oder der Open Championship zustande kommen – und der liegt nicht im langen Startrecht für ehemalige Sieger, das es auch bei der PGA Championship gibt. Vielmehr sind Augusta National und die Linksplätze Großbritanniens Plätze auf denen fehlende Länge durch große Erfahrung ausgeglichen werden kann. Viele Spiele brauchen Jahre, um sich mit den Eigenheiten von Linksgolf anzufreunden, wie die Beispiele Tom Watson oder Phil Mickelson zeigen. Und die Mehrzahl der Debütanten beim Masters scheitern erst einmal jahrelang am Cut obwohl es das schwächste Feld aller Majors aufweist. Es gibt nur ein Problem: Weil die European Tour in erster Linie am Geld interessiert ist, wird die Austragung an den meistbietenden verschachert, so dass der Ryder Cup letztmals 1977 auf einem klassischen Linksplatz ausgetragen wurde (1981 wenn man Walton Heath durchgehen lässt). Somit sind es für Senioren nicht unbedingt ideale Wiesen um mithalten zu können – ganz besonders nicht bei Austragungsorten wie Gleneagles wo eigentlich alle Welt mit Wasserspielen rechnet, die den 7300 Yards langen Platz noch länger spielen lassen.
Doch selbst wenn man all dies außen vor lässt und die Nominierung eines Senioren für eine gute Wahl hält, muss man sich fragen, ob Bernhard Langer tatsächlich die erste Wahl ist? Denn weil das Gedächtnis von uns Golfexperten nur eine Woche zurück reicht, reden wir alle über Langers Brillanz. Doch schaut man sich einen etwas längeren Verlauf an, stellt sich die Frage ob man nicht zwei andere aus der Ü50-Liga Langer vorziehen müsste? Denn da wäre zum Einen der Evergreen Miguel Angel Jimenez, der sich im Gegensatz zu Langer noch dem wöchentlichen Kampf auf den großen Touren stellt und in den Qualifikations-Listen beispielsweise vor einem Lee Westwood steht. Ja, aber Bernhard Langer hat Jimenez bei der Senior Open doch gerade 19 Schläge abgenommen werden jetzt einige sagen. Das stimmt. Fakt ist aber auch, dass bei den drei direkten Vergleichen der beiden (Senior Open, Masters, Greater Gwinnett Championship) der Rotzopf aus Málaga zwei Mal die Nase vorn hatte.
Und dann ist da ja auch noch der Lokalmatador. Colin Montgomerie hat wie Bernhard Langer in diesem Jahr zwei Major-Titel auf der Champions Tour geholt, mit zehn Top 10s bei zwölf Starts eine ähnlich brillante Bilanz wie Langer und in den elf direkten Vergleichen mit sechs besseren Resultaten sogar leicht die Nase vorn. Warum fordert die deutsche (und internationale) Presse dann bitte keinen Captain’s Pick für Monti? Denn die für Bernhard Langer ins Rennen geworfene Ryder-Cup-Erfahrung besitzt der Schotte ebenfalls – und mehr. Denn wo Langer eine Ryder-Cup-Bilanz von 21 Siegen, 15 Niederlagen und 6 Unentschieden hat (eine Erfolgsquote von 57%), kommt Montgomerie auf 20 Siege, 9 Niederlagen und 7 Unentschieden (eine Siegquote von 65%). Schaut man sich die repräsentativere Einzelbilanz an, liegt der Deutsche bei 4 Siegen, 3 Niederlagen und 3 Unentschieden im guten Durchschnitt während Montgomerie in acht Einzel-Auftritten beim Ryder Cup sechs Mal siegreich war und noch nie verloren hat.
Noch immer nicht überzeugt? Dann sollte man einmal einen Blick auf die Bilanz in Gleneagles schauen. Im Falle von Bernhard Langer müsste Kapitän Paul McGinley im Nebel stochern, da er die Johnnie Walker Championship immer gemieden hat. Lokalmatador Montgomerie hat dagegen zwei Top-4-Ergebnisse und einen weiteren neunten Platz zu Buche stehen. Dies soll jetzt keineswegs heißen, dass Colin Montgomerie im September als Spieler dabei sein sollte. Doch wer unbedingt eine Wild Card für Bernhard Langer fordert, sollte sich zumindestens darüber einmal Gedanken gemacht haben weil man sonst unglaubwürdig wirkt.
Doch seit gestern hat sich die Diskussion um die Senioren ohnehin erledigt. Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Bridgestone Invitational brachte Rory McIlroy nämlich noch einen ganz anderen Aspekt ins Spiel als er sich strikt gegen eine Inklusion von Langer und/oder Montgomerie aussprach:
Was er [Langer] dieses Jahr geleistet hat, ist beeindruckend. (…) Aber unsere Teamdynamik ist derzeit sehr gut und jemanden dazu zu bringen, der kaum Zeit mit uns verbracht hat, ist nicht unbedingt das Beste. (…) Wenn sie [Montgomerie und Langer] den Vizekapitän machen würden, wäre ich voll dafür, aber ich glaube nicht, dass sie ins Team kommen sollten.
Nun mag man diese Aussage als respektlos und dumm abqualifizieren. Wahrscheinlich ist sie es auch, schließlich zwingt niemand McIlory mit einem der Herren im Vierer anzutreten oder beim Bibelkreis mitzumachen. Dennoch dürfte sie der letzte Sargnagel für die vagen Hoffnungen von Langer und Montgomerie sein. Nicht weil McIlroy Recht hat, sondern weil McIlroy als einer der drei Königsmacher besonderes Gehör bei Kapitän Paul McGinley finden wird.