Gestern wurde bekannt, dass Tiger Woods im November am Australian Masters teilnehmen wird – für ein Antrittsgeld von 3 Millionen US-Dollar. Eine Nachricht, die für viel Unverständnis sorgte. Besonders, weil die Hälfte durch den australischen Steuerzahler finanziert wird. Dies ist zweifelsohne ein fragwürdiges und nicht gerade intelligentes Finanzierungsmodell. Doch dafür kann man kaum Tiger Woods die Schuld geben. Daher muss man die Kernfrage “Darf ein Golfer für das bloße Antreten einen so hohen Scheck einstreichen” unabhängig von diesem speziellen Fall betrachten.
Um dies machen zu können, muss man einen kurzen Ausflug in die Golfgeschichte unternehmen. Denn wer glaubt, dass Antrittsgelder eine moderne Erfindung sind, irrt sich. Bereits der große Harry Vardon versuchte es um die Jahrhundertwende, machte jedoch den Fehler, sich nicht in bar, sondern in prozentualen Anteilen am Verkauf seines Balls, des Vardon-Flyers, bezahlen zu lassen. Doch der Ball war ein Flop, und Vardon schaute in die Röhre.
Anders Ben Hogan. 1953 war er der erste Spieler, der sich die Teilnahme an einem Turnier entlohnen ließ. Für das bloße Erscheinen bei der Pan American Open in Mexico City kassierte Hogan 5000 Dollar – und löste damit einen Aufschrei der Entrüstung aus. Denn Hogans Antrittsgeld war doppelt so hoch wie das Preisgeld für den Sieger.
Drei Jahre später verdiente Sam Snead die gleiche Summe für die Brazilian Open, musste dafür aber alle Ansprüche ans Preisgeld abtreten. Als er die erste Runde schlecht spielte, bekamen die Veranstalter kalte Füße, stellten auch das Preisgeld in Aussicht, und schon fand Snead zu alter Form zurück und gewann. Selbst der große Jack Nicklaus, der offiziell nie Antrittsgeld nahm, fand Möglichkeiten für einen Extra-Verdienst. Kurz nach der Australian Open 1976 durfte Nicklaus für eine verdächtige hohe Gebühr einen Kurs in Kensington renovieren. In eine neue Höhe wurde die Antrittsgeld-Politik von Greg Norman katapultiert. Satte 300000 Dollar strich er 1996 bei der South Australian Open dafür ein, dass er aufteete.
Mittlerweile läuft bei den Top-Spielern der Welt kaum noch etwas ohne Antrittsgelder. John Daly kassiert trotz Formkrise noch 200000 Dollar pro Turnier, Ernie Else liegt bei 250000, Phil Mickelson verdiente bereits 2007 bei der HSBC Champions in Shanghai 1 Millionen Dollar. Ja selbst ein Nachwuchsstar wie Anthony Kim hat in diesem Jahr schon 700000 Dollar beim Malaysia Masters eingestrichen.
Dass diese Summen allesamt bei Turnieren außerhalb der USA gezahlt werden, hat seinen Grund. Auf der PGA Tour herrscht ein striktes Verbot von Antrittsgeldern (auch wenn einige Unternehmen dieses Verbot unterwandern, indem sie für einen Auftritt bei einem Sponsorenevent kurz vor dem Turnier tief in die Tasche greifen), wodurch den anderen Touren ein Einfallstor geboten wird. Denn mit ihren vergleichsweise geringen Eintrittsgeldern können die European und Asian Tour nicht die Stars über den großen Teich locken. Wer seinen Zuschauern also die großen Namen aus dem Fernsehen bieten will, greift zu Antrittsgeldern. Und kein Name ist nunmal größer als der von Tiger Woods.
Die Einflüsse seiner Teilnahme auf die TV-Quoten in den USA sind bereits breit genug getreten worden. Viel interessanter sind jedoch die Einflüsse auf die Zuschauerzahlen vor Ort. Statt mit 30000 zahlenden Gästen rechnen die Veranstalter des Australian Masters bereits jetzt mit 100000 Zuschauern – bei deutlich höheren Eintrittspreisen. Damit dürfte bereits die erste Million von Woods Antrittsgeld gedeckt sein. Zählt man nun noch die höheren Fernsehgelder, die Verpflegung und Unterbringung der Zuschauer und das Merchandising hinzu, amortisiert sich das Antrittsgeld zum größten Teil. Denn was bei der aktuellen Diskussion gerne vergessen wird, ist, dass wir es hier keineswegs mit einem Präzedenzfall zu tun haben.
Denn bereits seit 2005 sind 3 Millionen Dollar die Standard-Gebühr für einen Auftritt von Woods (2001 erhielt die SAP Open ihn noch zum Schnäppchenpreis von 2,5 Millionen Dollar). Wenn sich dieses Antrittsgeld für die Veranstalter nicht rentieren würde, sollte man annehmen, dass sich der Markt nach so langer Zeit schon längst selbst reguliert hätte.
Dass Woods ein so viel höheres Antrittsgeld als seine Kollegen kassiert, hat aber noch ein weiteren Grund: Er ist für die Veranstalter berechenbar. In diesem Jahr sicherte sich das Australian Masters für 200000 Dollar die Teilnahme von John Daly. Als Resultat bekamen sie einen Spieler, der nicht annähernd die Massen anzog wie Woods, die Kamera eines Zuschauers an einem Baum zertrümmerte und nach zwei Runden mit vollgestopften Taschen Australien verließ, weil er den Cut verpasste. Woods hingegen hat noch nie bei einem seiner bezahlten Auftritte den Cut verpasst. Jede zweite Teilnahme endete mit seinem Sieg, nur äußerst selten landet er einmal außerhalb der Top Ten.
Hinzu kommt, dass viele Kritiker vergessen, dass Woods nicht nur kurz mal 72 Loch spielt und dann wieder nach Hause fährt. Als Woods das letzte Mal bei der Deutsche Bank Open auf Gut Kaden spielte, standen neben dem Turnier noch ausführliche tägliche Pressekonferenzen, ein Shoot-Out, ein Pro-Am und der “Beat the Pro”-Event an der Alster an. Dies bedeutet, dass sich die Pros für ein Turnier im Ausland meist 2-3 Wochen im Kalender freiräumen müssen, in denen sie in gut bezahlten Turnieren in den USA um das Preisgeld konkurrieren könnten. Sicherlich lässt sich trefflich darüber streiten ob es in dem aktuellen wirtschaftlichen Klima eine gute PR ist, wenn ein Spieler so viel Geld verdient. Doch solange sich auf beiden Seiten Kosten und Nutzen gegeneinander aufrechnen, kann man weder Woods noch den Veranstalter für einen solchen Vertrag geißeln. Denn anders als viele Bankmanager bringt Tiger Woods eine vortreffliche Gegenleistung für seine Bonuszahlungen.