Week in Review: Ausgabe 21/2012

Golf als Trauerbewältigung

Es war die tragische Geschichte der Ladies German Open in Gut Häusern. Kurz vor dem Start des Turniers verunglückten die Eltern der englischen Profigolferin Melissa Reid mit dem Auto, am nächsten Nachmittag erlag ihre Mutter Joy ihren Verletzungen. Beim Prague Golf Masters versuchte die 24-Jährige Melissa jetzt einen ersten Schritt zurück in die Normalität – und fand sich am Ende völlig überraschend als Siegerin wieder. Mit einem Schlag Vorsprung vor Diana Luna sicherte sie sich ihren vierten Titel auf der Ladies European Tour und ließ danach noch auf dem 18. Grün ihren Tränen freien Lauf. “Es ist eine gute Nachricht für die Familie und wird uns in dieser schrecklichen Zeit ein Lachen ins Gesicht bringen. Daher bedeutet dieser Sieg sehr viel”, erklärte Reid nach dem Turnier bewegt.

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Um 11.50 Uhr Ortszeit ging Marc Leishman in die finale Runde der Travelers Championship. Satte 2 Stunden und 10 Minuten später gingen die Führenden auf ihre Runde. Zu dieser Zeit hatte sich der Australier zwar mit fünf Birdies auf -11 und den dritten Platz verbessert, aber als ernsthaften Sieganwärter hatte ihn niemand auf der Rechnung. Selbst als Leishman mit -14 ins Clubhaus kam – am Ende 2 Stunden und 22 Minuten vor der letzten Gruppe – gab ihm niemand eine Chance. Schließlich lag Charley Hoffman mittlerweile in Führung, und auch etliche andere Spieler hatten noch Birdie-Löcher vor sich. Doch dann begann das große Favoritensterben: James Driscoll schlug an den Bahnen 10 und 14 Bälle ins Aus, Brian Davis nahm an der 14 ein unfreiwilliges Bad, das Wasserhindernis an der 15 kostete Bubba Watson und Roland Thatcher ihre Siegchancen, das an der 17 wurde für Fredik Jacobson und schließlich auch für Hoffman zum Verhängnis. Und zwischendurch versagten Tim Clark auch noch die Nerven mit dem Putter. Damit hatte Leishman als bereits fünfter Spieler in diesem Jahr in der Schlussrunde einen Rückstand von sechs Schlägen wett gemacht, doch so viele Spieler überflügelt hat am Finaltag schon lange keiner mehr. Ganze 19 Plätze machte Leishman gut, der Saison-Rekord lag bei 12, aufgestellt von John Huh bei der Mayakoba Golf Classic.

Der Post-Major-Fluch

Wenn Du ein Major gewonnen hast, mach in der nächsten Woche Pause. Denn die Chancen einen erneuten Triumph einzufahren stehen denkbar gering. Das musste auch Webb Simpson in dieser Woche erfahren, der bei der Travelers Championship am Ende auf Platz 29 einkam. Die Statistik ist zwar ein wenig verzerrt dadurch, dass tatsächlich viele sich nach ihrem großen Titel eine Auszeit gönnen. Dennoch hat seit 2000 kein einziger mehr dieses Kunststück geschafft. Damals war es Tiger Woods, der sieben Tage nach der PGA Championship auch das NEC Invitational gewann. Seit Installation des Masters im Jahr 1934 haben es überhaupt nur neun Spieler geschafft. Bei 300 gespielten Major-Turnieren ist das eine Erfolgsquote von 3%. Ganz schlecht sieht es aus für denjenigen, der kommenden Monat die Open Championship gewinnt – in der Woche danach hat seit 1934 noch niemals jemand gesiegt. Auf der elitären Liste der Doppelsieger, die neben Woods auch Vijay Singh, Hale Irwin, John Mahaffey, Gary Player, Billy Casper, Jimmy Demaret und Ralph Duldahl umfasst, befindet sich übrigens auch ein Deutscher: Bernhard Langer gewann 1985 in der Woche nach seiner Masters-Sensation die Heritage Classic.

Ein Jahresgehalt mit einem Schlag

Ein Hole-in-One ist immer etwas besonderes. Doch wenn man wie Andrew Marshall eher zu den Golfern gehört, die an der Existenzgrenze kratzen, ist es gleich eine doppelte Freude. Als Marshall in der zweiten Runde der BMW Open seinen Abschlag an Loch 17 versenkte, gewann er ein Coupe des Hauptsponsors. Gegenwert ca. 120.000 Euro. Um dies mal in Relation zu setzen wie viel der Schlag für den Engländer wert war: Inklusive des Preisgeldes für seinen 12. Platz in Köln hat Marshall in diesem Jahr erst 82.000 Euro verdient. Von 2008 bis 2011 kam er zusammen (!) nur auf ein Preisgeld von 110.000 Euro. Das letzte Mal, dass der 39-Jährige in einem Jahr mehr verdiente als das Auto wert ist, war 2007. Und nur ein einziges Mal – bei der Johnnie Walker Championship 2006 – verdiente er in einem einzigen Event mehr Preisgeld.

Marcel Siem vs. The Open

Kurz nach Ende der BMW Open gab Marcel Siem bekannt, dass er nicht am europäischen Qualifikationsturnier für die Open Championship teilnehmen würde und lieber Zeit mit der Familie verbringt. Niemandem steht zu, darüber positiv oder negativ zu urteilen. Was man aber tun kann, ist, sich Gedanken darüber zu machen, wie Marcel Siem noch nach Royal Lytham & St. Annes kommen kann. Die simpelste Methode ist eine Top-5-Platzierung bei der Open de France oder der Scottish Open (sofern nicht ein anderer Nicht-Qualifizierter besser abschneidet). Eine andere, etwas kompliziertere, Chance ergibt sich in der kommenden Woche. Die Irish Open schließt eine seit der BMW PGA Championship geführte Mini-Geldrangliste ab von der die beiden erfolgreichsten Spieler mit einem Ticket für die Open Championship beglückt werden. Mit 198.655 verdienten Euro liegt Marcel Siem aktuell auf dem achten Platz, oder besser gesagt: er lag es bis Sonntag. Da sich Ross Fisher und Marcus Fraser am Montag über das Final Qualifying ins Open-Feld gespielt haben, ist Siem auf Platz sechs nach vorne gerückt. Allerdings benötigt er schon einen alleinigen zweiten Platz in Royal Portrush und gütige Mithilfe der Führenden, um sich noch bis auf den zweiten Platz zu spielen. Peter Lawrie würde schon ein alleiniger Dritter Platz reichen, während Danny Willett einfach nur im Geld vor Richard Sterne landen müsste.

  • Thongchai Jaidee €435.308
  • Richard Sterne €357.777
  • Danny Willett €357.630
  • Peter Lawrie €276.851
  • Paul McGinley €209.388
  • Marcel Siem €198.655
  • Chris Wood €170.711

Birdie-King

Marcel Siem hatte am Ende zwar nicht die Nase vorn auf dem Leaderboard der BMW Open, aber zumindest konnte er sich damit rühmen, dass niemand so viele Löcher unter Par gespielt hat wie er. Zwei Eagles und sage und schreibe 21 Birdies konnte der Ratinger auf seinen 72 Löchern verbuchen. Sieger Danny Willett brachte es nur auf 1 Eagle und 17 Birdies, hielt aber seine Fehler ebenso in Grenzen wie Marcus Fraser, der 19 Birdies erzielte. Neben Siem erreichten nur fünf weitere Spieler bei der Birdieanzahl die Ziffer zwei vorne: Chris Wood, Gonzalo Fernandez-Castano, Thongchai Jaidee, David Lynn und Thomas Norret erzielten 20 Birdies, während Joel Sjöholm auf 2 Eagles und 19 Birdies kam.

Führungswechsel bei den Amateuren

Das World Amateur Golf Ranking hat einen neuen Spitzenreiter: Jordan Spieth. Doch der Grund ist weniger die eigene Leistung als Patrick Cantlays Aufgabe des Amateur-Status. In der vergangenen Woche gab der 20-Jährige den Wechsel ins Profilager (und zu Tiger Woods Manager Mark Steinberg) bekannt – und verpasste gleich erst einmal bei der Travelers Championship um zwei Schläge den Cut. Dass Cantlay die letzten zwei Jahre seiner College-Ausbildung sausen lässt, um es als Profi zu schaffen, mag angesichts der vielen gescheiterten Golf-Hoffnungsträger befremdlich wirken, hat aber seinen Grund: die bevorstehende Änderung der Qualifying School, die ab 2013 keine Spieler mehr auf die PGA Tour sondern nur noch auf die Nationwide Tour bringen wird. Herzlichen Glückwunsch, Tim Finchem: damit haben wir einen weiteren Schulabbrecher, der auf Ihr Konto geht.

Ab ins Rentnerparadies

Erinnert sich noch jemand an 2010? Damals gab Lee Westwood der PGA Tour einen Korb, weil der FedEx Cup mitten in den Sommerferien seiner Kinder läge. Offensichtlich endet in Großbritannien die Schulpflicht mit 11 Jahren, denn jetzt gab Westwood nicht nur bekannt, dass er auch 2013 auf der PGA Tour spielen wird, er zieht sogar mit Sack und Pack in die Vereinigten Staaten. Familie Westwood wird ihr Haus in England aufgeben und nach Florida ziehen – ausgerechnet. Denn dort hatte sich Westwood 2011 beinahe alle Sympathien verspielt als er der heiligen Players Championship ans Bein pinkelte indem er sie ausließ und noch hinzufügte, dass sie für ihn keinesfalls das fünfte Major sei. Aber um endlich den so begehrten Majorsieg einzufahren, muss man eben auch schon mal zu unpopulären Maßnahmen greifen und sich selber widersprechen.

Schmittchen Schleicher

Meine Damen und Herren, eine Eilmeldung: Die AT&T Championship gibt bekannt, dass sie erst am Montag einen Sieger küren kann. Der Grund: Eine Einladung für Beau Hossler, die Teenager-Überraschung der U.S. Open. Allerdings machte der 17-Jährige im Olympic Club nicht nur durch sein Ergebnis auf sich aufmerksam, sondern auch durch sein extrem langsames Spiel, das gerade in der Finalrunde nur schwer mit anzusehen war. Dabei sollte man meinen, dass die Nachwuchs-Spieler ein wenig flotter unterwegs sind, schließlich werden auf der Junioren-Stufe tatsächlich auch mal Strafen für langsames Spiel verteilt. Vielleicht macht ihm ja sein Spielpartner und zukünftiger Teamkollege Jordan Spieth Beine, mit dem Hossler im kommenden Schuljahr an der University of Texas spielen wird. Als Ausgleich bekommt Spieth vielleicht eine Platzführung. Denn Hossler kennt Congressional noch aus dem Vorjahr als er bei der U.S. Open den Cut verpasste. Sollte ihm das diese Woche auch wieder gelingen, wird man vielleicht doch noch am Sonntag fertig.

Warum kleiner manchmal besser ist

Dass es manchmal cleverer ist, auf einen Start bei den Großen zu verzichten, bewiesen in der vergangenen Woche u.a. Maximilian Kieffer und Nicolas Meitinger, die statt bei der BMW Open anzutreten, lieber Geld auf der Challenge Tour sammelten um 2013 vollends auf der European Tour spielen zu können. Was Gutes passieren kann, wenn man eine solche Entscheidung trifft, bewies in dieser Woche Casey Wittenberg. Aufgrund seiner guten Platzierung bei der U.S. Open für die Travelers Championship startberechtigt, zog es der 27-Jährige vor, auf der Nationwide Tour anzutreten. Am Ende gewann er die Wichita Open mit zwei Schlägen Vorsprung, sprang von Platz 10 auf 2 in der Geldrangliste der zweiten Liga und hat damit bereits jetzt seine PGA-Tour-Karte für 2013 im Sack. Besser noch: Da es bereits Wittenbergs zweiter Saisonsieg war, ist er nur noch einen Turniererfolg von einer sofortigen Battlefield Promotion auf die PGA Tour entfernt.

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