Am gestrigen Abend platzte eine Bombe auf der PGA Tour. Nachdem Dustin Johnson am vergangenen Montag unter Angabe von persönlichen Gründen seine Teilnahme am Bridgestone Invitational absagte, ließ er während der ersten Runde des Turniers eine Mitteilung an die Presse geben:
Ich werde mit sofortiger Wirkung eine Auszeit vom professionelle Golf nehmen. Ich werde diese Zeit nutzen, um professionelle Hilfe für persönliche Herausforderungen in Anspruch zu nehmen. Indem ich die notwendige Zeit und Mittel darauf aufwende, meine mentale und physische Gesundheit und mein emotionales Grundgerüst zu verbessern, bin ich zuversichtlich mein Potenzial in Zukunft besser ausnutzen zu können und ein konstanter Sieger zu werden. Ich bitte höflichst darum, mein Privatleben auf dieser Selbsverbesserungs-Mission zu respektieren.
Den letzten Satz hätte er sich sparen können, denn kaum war die Meldung raus, überschlugen sich die Spekulationen. Nicht nur beim Pöbel auf Twitter, sondern auch bei vermeintlich seriösen Journalisten von Golf Digest, die ein von Johnsons Freundin Paulina Gretzky gelöschtes Instagram-Foto den Aasgeiern zum Fraß vorwarfen und Öl aufs Feuer von Alkoholismus-Gerüchten oder ein von Depressionen gefolgtes Beziehungsaus schütteten. Ein unverantwortliches Verhalten. Und auch Gary Van Sickle vom Golf Magazine verbreitete seine eigene These von einer Dopingsperre – aufgrund der Gerüchte um Johnson eher aufgrund von Freizeitdrogen als wegen leistungsfördernder Mittel.
Expect Dustin Johnson's "voluntary" leave of absence to last exactly six months.
— Gary VanSickle (@GaryVanSickle) July 31, 2014
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Dustin Johnson dieses Verdachts ausgesetzt sieht. Angefacht wurden die Verdächtigungen durch ein Interview mit Schwungtrainer Butch Harmon, der 2011 über seinen Klienten sagte:
Ich habe ihm gesagt, er muss herausfinden, wer er ist und wie er sein Talent ausreizen will. Er muss einige seiner, nenen wir sie außerberufliche Aktivitäten, einstellen. Er hat gerne Spaß, ich weiß. Aber es gibt eine Zeit zum spielen und eine Zeit zuma arbeiten und das muss er verstehen.
Es war also fast mit Ansage, dass im Frühjahr 2012, als Dustin Johnson drei Monate wegen einer Rückenverletzung pausierte, Gerüchte aufkamen, er würde in Wahrheit eine Doping-Sperre der PGA Tour absitzen. Die Gerüchte kochten sogar so hoch, dass sich sein Manager David Winkle veranlasst sah, eine anderslautende Erklärung abzugeben. Dass dies überhaupt nötig war ist die Schuld eines einzigen Mannes: Tim Finchem.
Der oberste Dienstherr der PGA Tour weigert sich seit Jahren aus Sorge um den guten Ruf seiner Tour Sperren wegen unlauteren Verhaltens, Dopingverstößen oder sonstiger Vergehen an die Öffentlichkeit zu geben. Für Finchem scheint es besonders wichtig zu sein, neben dem “These guys are good”-Motto auch ein “These guys are clean”-Mantra in die Welt zu tragen. Offiziell existiert diese Geheimhaltungs-Politik um die Spieler zu schützen. Tatsächlich jedoch bewirkt sie das Gegenteil. Denn wenn keine Sperren bekannt gegeben werden, gerät jeder Spieler, der eine längere Zeit fehlt, theoretisch unter Generalverdacht. Brandt Snedeker hat sich die Rippen gebrochen? Wer garantiert denn, dass der alte Powerhitter nicht HGH eingeworfen hat? J.B. Holmes’ Gehirn-Operation? Vielleicht hat er ja auch am Klebstoff geschnüffelt? Den Spekulationen wird Tür und Tor geöffnet. Denn es geht nicht darum, Spieler zur Zielscheibe zu machen, sondern die Mehrheit der sauberen Spieler vor ungerechtfertigten Anschuldungen zu schützen. Dass die PGA Tour dies nicht einsieht, ist ein menschliches und professionelles Armutszeugnis. Dazu passt dann auch der einzige Kommentar der PGA Tour zur Causa Dustin Johnson:
Wir haben Dustin’s Stellungnahme nichts hinzuzufügen. Wir wünschen ihm alles Gute und freuen uns auf seine baldige Rückkehr.
UPDATE vom 1.8.: Laut einem auf einer anonymen Quelle berufenden Bericht von golf.com (zu dem ich aufgrund von übelstem TMZ-Journalismus hier nicht verlinke), ist Dustin Johnson wirklich wegen eines dritten Dopingvergehens gesperrt worden. Die Art wie diese Information an die Öffentlichkeit gelangt, ist ein weiterer Beleg dafür, wie die PGA Tour mit ihrer Politik mehr Schaden anrichtet)
Siehe dazu auch einen alten Artikel:
Der Golfsport: eine (anti-)dopingfreie Zone?”