Mit seinem dritten Platz bei der Deutsche Bank Championship hat Tiger Woods eine magische Grenze durchbrochen: er ist der erste Spieler in der Geschichte, der mehr als 100 Millionen Dollar Preisgeld für das Schlagen eines kleinen, weißen Balles kassiert hat. Damit hat der 36-Jährige fast genau 50% mehr verdient als die Zweiten auf der Career Money List, Vijay Singh und Phil Mickelson, die mit je 66,8 Millionen Dollar in Lauerstellung liegen – falls man dies angesichts des riesigen Abstandes überhaupt so nennen darf.
Das Erstaunliche ist aber nicht die finanzielle Dominanz, die Tiger Woods gegenüber seinen Zeitgenossen hat, sondern die explosionsartige Entwicklung des Preisgeld-Rekordes. Begeben wir uns auf eine kleine Zeitreise zurück zu Sam Snead, der in seiner langen Karriere bisher unerreichte 82 Turniere gewonnen hat. Seine Karriere-Einnahmen für diese Zeit lagen bei 620.000 US-Dollar. Eine Summe, die Tiger Woods fast für vier Tage Arbeit bei der Deutsche Bank Championship kassiert hat – für einen dritten Platz.
Den ersten großen Meilenstein erreichte allerdings nicht Snead sondern Arnold Palmer am 15.September 1968 bei der Kemper Open. Mit seinem 54. Sieg auf der PGA Tour hatte “The King” als erster Golfer ein siebenstelliges Karriere-Preisgeld eingenommen. (Zum Vergleich: als Tiger Woods seinen 54. PGA-Tour-Sieg feierte, hatte er bereits die Marke von 60 Millionen Dollar passiert) Knapp dreieinhalb Jahre, bis zum 6. März 1972, blieb Palmer an der Spitze der Preisgeld-Rangliste – dann wurde er von seinem ewigen Rivalen Jack Nicklaus überholt, der fast zwei Jahrzehnte den Sport und die Einnahmen dominierte.
Seinen ersten Meilenstein zelebrierte Nicklaus am 1.Dezember 1973 bei der Walt Disney World Classic als er durch seinen Turniersieg zum ersten Golfer mit Karriere-Einnahmen von zwei Millionen Dollar wurde. Doch eine Explosion der Preisgelder war noch nicht zu erkennen, immerhin musste Nicklaus erst 52 Turniere gewinnen um diese Marke zu erreichen. Auch die nächsten magischen Grenzen erklomm der “Golden Bear” zuerst: 3 Millionen Dollar (22.Mai 1997, Memorial), 4 Millionen Dollar (6.2.1982, Bing Crosby National) und 5 Millionen Dollar (21.August 1988, The International).
20 Jahre hatte es also gedauert um vom ersten Preisgeld-Millionär der PGA Tour zum ersten fünffachen Millionär zu kommen – für die nächsten vier Millionen brauchte es dagegen nur noch sechs Jahre. Und den Mann, der dafür verantwortlich war, verbinden vermutlich nur die Wenigsten mit den Rekordbüchern des Golfsports: Tom Kite. Am 29.Oktober 1989 gewann Kite die Nabisco Championship und überholte durch die damit verbundenen 625.000 Dollar Preigeld sowohl Tom Watson als auch Jack Nicklaus im Karriere-Preisgeld. Zehn Monate später war Kite dann der Colonel Steve Austin der PGA Tour: der erste Sechs-Millionen-Dollar-Mann.
Anschließend ging es in Jahresschritten voran. Kite erreichte die 7 Millionen Dollar (10.Mai 1992, BellSouth Classic), die 8 Millionen Dollar (28.Februar 1993, Los Angeles Open) und die 9 Millionen Dollar (7.August 1994, Buick Open) bevor schließlich Greg Norman die Führung übernahm. Dass er beim Masters 1996 als erster Golfer in die Sphären des achtstelligen Preisgeldes eindrang, machte den Australier allerdings wenig Freude – ging es doch einher mit der größten Schmach seiner Karriere als er das sicher geglaubte Grüne Jackett noch an Nick Faldo verlor. Doch es war ein anderes Ereignis des Jahres 1996, das das Preisgeld-Ranking für immer verändern sollte. Tiger Woods wechselte ins Profilager und sorgte für ein nie dagewesenes Interesse am Golfsport, der zu einer irrwitzigen Explosion der Preisgelder führte. Wie groß diese war, zeigt sich daran, dass seither nicht mehr über Millionenschritte bei den Karriere-Einnahmen sondern nur noch über Zehn-Millionen-Schritte berichtet wird.
Begonnen am Zeitpunkt an dem Sam Snead seine Karriere begann, hatte es über 60 Jahre gedauert bis ein Spieler im Laufe seiner Karriere 15 Millionen Dollar Preisgeld ansammeln konnte. Nur 15 Jahre später sind wir jetzt bei 100 Millionen Dollar angekommen – und ein Ende ist nicht abzusehen solange Tiger Woods seine Karriere nicht beendet oder wieder in die Krise schliddert: für seine letzten zehn Millionen Dollar musste er immerhin drei Jahre arbeiten, so lange wie nie zuvor. Hier seine Meilensteine im Schnelldurchlauf:
- 20 Mio (6.11.2000, Tour Championship)
- 30 Mio. (16.6.2002, U.S Open )
- 40 Mio. (10.1.2004, Mercedes Championships)
- 50 Mio. (3.7.2005, Western Open)
- 60 Mio. (23.7.2006, The Open)
- 70 Mio. (17.6.2007, U.S. Open)
- 80 Mio. (23.3.2008, CA Championship)
- 90 Mio. (16.8.2009, PGA Championship)
- 100 Mio. (3.9.2012, Deutsche Bank Championship)
Tatsächlich ist das verdiente Preisgeld von Tiger Woods sogar noch höher. Der Bonus-Pool für den Gewinn des FedEx-Cups wurde im Jahr 2007 als Rente für die Spieler angelegt. Dies wurd ab 2008 zwar geändert, aber der Bonus wird dennoch auch weiterhin nicht offiziell auf die Karriere-Einnahmen angerechnet. Da Woods bereits zwei Mal siegreich war, liegt sein tatsächlich verdientes Geld auf der PGA Tour noch einmal um 20 Millionen Dollar höher. Rechnet man dies mit ein, besteht tatsächlich die Möglichkeit, dass Woods bis zu seinem Karriere-Ende die 150 Millionen Dollar erreicht. Damit hätte er mehr als das Doppelte von dem verdient, was in seinem ersten Profijahr auf allen Turnieren der PGA Tour zusammengerechnet an Preisgeld ausgeschüttet wurde. Eine zu abstrakte Beschreibung der Entwicklung? Dann versuchen wir es doch einmal mit einer Grafik, die das Ganze schön illustriert: der Verlauf der Meilensteine für das Karriere-Preisgeld auf der PGA Tour von 1968 bis heute.