Unmittelbar nachdem Jim Furyk zu seiner 59 eingelocht hatte, ging der obligatorische Beißreflex los. Statt sich über dieses historische Ereignis zu freuen (erst zum sechsten Mal gelang dieses Resultat womit die 59er Runde auf einer Stufe mit dem Perfect Game im Baseball oder mit 75 Punkte-Spielen in der NBA stehen dürfte), begann auf Twitter wieder die Stunde der Frustierten und Ahnungslosen.
Die einen bemängelten der Platz sei zu leicht gewesen.
@elkpga Technically, Duval has the best, rating/slope 150/76.1, then Furyk's 149/75.8, Goydos 144/75.8. Slope of the others are 141 and 132.
— Brian Brown (@BrianBrown13) September 14, 2013
Andere sagten pauschal Furyks 59 sei weniger wert weil sie auf einem Par 71 kam
https://twitter.com/DaleWigginsJr/status/378652444513009664
Sogar ein Golfjournalist mischte sich ein.
You can't really "rank" the 59s. But let's do it anyway: 1. Duval; 2. Geiberger; 3. Appleby; 4. Furyk; 5. Beck; 6. Goydos.
— Jason Sobel (@JasonSobelTAN) September 13, 2013
Jason Sobel vom Golf Channel listete Furyks Runde lediglich auf Platz 4 von 6, was er in einer Kolumne etwas weiter ausführte. Kern der Aussage: Weil Furyks Runde nicht auf einem Sonntag kam und er damit nicht den Turniersieg eintütete, war sie schlechter. Allesamt Aussagen, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Zuerst einmal hat das Slope-Rating eines Platzes nichts damit zu tun wie schwer er sich am Austragungstag spielte. Gab es Wind? Waren die Grüns weich? War es warm und die Bälle flogen weiter? Dies sind allesamt Faktoren, die man berücksichtigen müsste, die aber in einem Slope-Rating keinen Eingang finden.
Auch die Reduzierung auf den Par-Wert ist absurd. Man stelle sich einmal vor, Phil Mickelson hätte bei der U.S. Open in Merion eine 59 gespielt. Jeder weiß, dass dies die beste Runde aller Zeiten gewesen wäre, aber sie hätte auf einem Par 70 stattgefunden.
Und ob nun eine 59 am Freitag oder Sonntag, im April oder September, bei Vollmond oder Neumond stattgefunden hat sollte keine Rolle spielen. Der Druck eine 59 zu spielen ist immer gleich, ob es um einen Turniersieg geht ist dabei nebensächlich. Jeder Golfer, der irgendwann mal 10 unter Par liegt, weiß, dass er die Chance hat etwas Historisches zu leisten. Es ist keine höhere Leistung ein Turnier damit zu gewinnen, das ist nur ein netter Nebeneffekt.
Wenn man wirklich vergleichen will, welche 59 die Beste gewesen ist, gibt es nur zwei Kriterien, die man berücksichtigen muss: Wie waren die anderen Ergebnisse und wie war die Qualität des Feldes. Denn die beste Einschätzung wie schwierig sich ein Platz gespielt hat, sind nicht der Par-Wert oder das Slope-Rating, sondern die Ergebnisse der anderen Profikollegen, die sich an diesem Tag dem Platz gestellt haben. Und wenn diese Ergebnisse in etwa gleich sind, sollte man noch schauen wie die individuelle Qualität des Feldes war, das sie aufgestellt hat.
Allerdings macht es wenig Sinn, den Rundendurchschnitt zu betrachten. In einem Donnerstags- oder Freitagsfeld mit 150/160 Startern wird der Rundenschnitt immer höher liegen als an einem Samstag oder Sonntag wo die schwächere Hälfte des Feldes bereits aussortiert wurde. Auf der anderen Seite reicht aber auch nicht der Abstand zum zweitbesten Tagesergebnis: Wenn jemand eine 59, der zweite eine 60 und der drittbeste eine 70 gespielt hat, würde dies verzerren. Eine realistische Bewertung der 59er-Runden muss daher irgendwo dazwischen liegen. Aus diesem Grund habe ich einen Durchschnitt aus den 20 nächstbesten Tagesergebnissen gebildet – und komme damit auf ein etwas anderes Ergebnis als Jason Sobels sehr subjektive Analyse.
6. Stuart Appleby
Greenbrier Classic 2010, 4. Runde. (Par 70)
Ja, die am niedrigsten einzustufende 59 ist die, die auf einem Par 70 erzielt wurde. Doch das ist eher Zufall. Tatsächlich liegen die Plätze 6-4 in ihrer Qualität sehr eng beieinander und könnten probemlos gegeneinander ausgetauscht werden. Mit 65,25 Schlägen haben die nächsten 20 Spieler sogar nur das zweitbeste Ergebnis erzielt. Letztlich war aber das Feld der Greenbrier Classic zu schwach, so dass Applebys Runde – so bemerkenswert sie auch war – das Nachsehen hat.
5. Paul Goydos
John Deere Classic 2010, 1. Runde. (Par 71)
Die John Deere Classic findet in der Woche vor der Open Championship statt. Weil die meisten Spitzenspieler sich schon in Übersee akklimatisieren, gehört es somit zu den am schwächsten besetzten regulären PGA-Tour-Events. 65,30 Schläge brauchten die nächsten 20 Spieler in der ersten Runde. Wie – relativ gesehen – leicht es an dem Tag war, zeigte sich auch darin, dass Steve Stricker mit einer 60 auch nur knapp an einer legendären 59 vorbeischrammte.
4. Chip Beck
Las Vegas Invitational 1991, 3. Runde. (Par 72)
Rein nach den durchschnittlichen Ergebnissen betrachtet war dies die bisher “schwächste” 59er-Runde. Der Schnitt der nächsten 20 Spieler lag bei 65,20 Schlägen. Doch das Las Vegas Invitational war nach der Tour Championship das am zweithöchsten dotierte Turnier der PGA Tour und zog dementsprechend ein deutlich besseres (wenn auch nicht überragendes) Feld an, als die beiden zuvor genannten Turniere. Entsprechend war hier zu erwarten, dass die Resultat niedriger sind.
3. David Duval
Bob Hope Chrysler Classic 1999, 4. Runde. (Par 72)
Duvals Runde wird gemeinhin gerne als beste aller Zeiten abgefeiert, so wie es auch Jason Sobel tat. Und natürlich hatte sie alle Zutaten: Es war das beste Ergebnis unter Par, Duval holte einen Riesen-Rückstand auf, gewann das Turnier und spielte auch noch als Ausrufezeichen ein Eagle am letzten Loch. Doch dummerweise hat das alles nichts zu bedeuten. Fakt ist, dass die Bob Hope auf sehr einfach gestalteten Plätzen ausgetragen wird, weil auch immer Amateure am Start sind. Das zeigt sich auch an den Ergebnissen der Profis. Die 20 besten Runden nach Duval kamen auf einem Durchschnitt von 66,45 Schlägen. Das ist zwar deutlich höher als bei den oben genannten 59erm, liegt dafür aber auch weit hinter den unten aufgeführten Runden.
2. Al Geiberger
Memphis Classic 1977, 2. Runde. (Par 72)
Al Geiberger ist in so einem Ranking natürlich die sentimentale Wahl. Immerhin war er der erste Spieler, dem eine 59 auf der PGA Tour gelang. Und das in einer Ära in der – anders als heute – 60er und 61er Runden noch nicht Standard waren. Auch das Spielerfeld konnte sich sehen lassen: Zu den Startern gehörten Johnny Miller, Lee Trevino, Gary Player, Tom Weiskopg und Hale Irwin. Allerdings war keiner der drei Major-Sieger des Jahres am Start und die Top 3 der Jahres-Geldrangliste fehlten ebenfalls. Insofern war die Memphis Classic nicht besser besetzt als die diesjährige BMW Championship, und da der Durchschnitt der nächsten 20 mit 67,70 Schlägen etwas niedriger war, kann man Al Geiberger leider nur auf Platz zwei einstufen.
1. Jim Furyk
BMW Championship 2013, 2. Runde. (Par 71)
Jim Furyks 59 hat einen Schönheitsfleck: sie ist die einzige der sechs, die ein Bogey verzeichnet. Aber gerade das macht sie so bemerkenswert. Meine unmittelbare Reaktion war, dass dies die beste 59 war, die je auf der PGA Tour gespielt wurde. Und tatsächlich wird dies auch durch die objektiven Zahlen unterstützt. Die 20 besten Runden hinter Furyk kamen auf einen Durchschnitt von 67,95 Schlägen, der höchste Wert aller sechs 59er – und das auf einem Par 71. Zudem ist das Teilnehmerfeld über jede Qualitätsdiskussion erhaben: alle Major-Sieger waren am Start und die Top 20 der Weltrangliste ist geschlossen vertreten. Also herzlichen Glückwunsch zur besten 59 aller Zeiten, Jim Furyk