Tigers Tagebuch: Sergios Brief, Phils Heimflug, Billys Hosen

Montag, 10. Juni

Manche Menschen waschen sich ja tagelang nicht die Finger wenn sie einem Prominenten die Hände geschüttelt haben. Ich hingegen habe heute den halben Tag unter dem Waschbecken verbracht nachdem Sergio meine Vorbereitung auf der Driving Range missbraucht hat, um sich medienwirksam in Szene zu setzen. Das Schlimmste ist, dass er den Händedruck eines toten Fischs hat – ein Gefühl, das es mir immer eiskalt den Rücken hinunter laufen lässt.



Gänsehaut bekomme ich nach all diesen Jahren auch immer noch, wenn einer meiner neuen Werbespots im Fernsehen läuft. Es ist immer spannend zu sehen, was Nike daraus gemacht hat. Da sie mich immer nur einzeln filmen und alles andere per Computer hinzufügen habe ich beim ersten Schauen immer Angst, dass sie nachträglich irgendwelche Verflossenen oder Rivalen hineinmontieren, die verächtliche Dinge über mich sagen – aber auch dieses Mal haben sie sich zum Glück zurückgehalten.

https://www.youtube.com/watch?v=oDcb3eAAK1s&feature=player_embedded

Dienstag, 11. Juni

Ach, Sergio. Erst große Sprüche klopfen und dann nicht die Eier haben sich persönlich zu entschuldigen. Stattdessen hat er mir heute morgen einen Zettel an den Spind geklebt. Alles was noch zum Kindergarten-Niveau fehlte waren Ankreuzboxen: “Tiger, wirst Du mir verzeihen?” “Ja – Nein – Vielleicht”.



Aber danach wurde der Tag deutlich besser. Erst habe ich eine Proberunde mit Rory gespielt und ihn bis aufs letzte Nike-Hemd ausgezogen, dann habe ich mir mit ihm beim Champions Dinner einen meiner klassischen Scherze erlaubt –s ehr zur Freude des ältere Bruders von Prinz William von Webb Simpson.

Die größte Überraschung des Tags geschah aber bei der Pressekonferenz. Normalerweise absolviere ich diese Events im Halbschlaf weil die immer gleichen Fragen gestellt werden, aber wenn die Interviewerin eine attraktive Frau ist, wird man doch ein wenig hellhörig. Glücklicherweise habe ich noch rechtzeitig gemerkt, dass es meine Nichte ist, bevor ich ihr meine Nummer zugesteckt habe.


http://www.youtube.com/watch?v=qYg_DN9b3jo#t=1m10s

Mittwoch, 12. Juni

Die goldene Regel wenn man irgendwo als Golfer spielt: Immer den Veranstaltern und den Fans Honig ums Maul schmieren. Aber wenn Ihr ernsthaft glaubt, ich habe mir vor Freude ein Ohr abgeschnitten, dass die U.S. Open im Nordosten der USA ausgetragen wird, solltet Ihr Euch vielleicht mal diese Infografik anschauen, die das Wall Street Journal im Rahmen seiner etwas zu negativen Vorschau zusammengetragen hat. 8% aller Turnierstarts im Nordosten nur mit einem Sieg zu beenden ist für meine Maßstäbe zwar Brinyesque, aber eines sollte man bedenken. 99% aller Profigolfer würden für eine solche Bilanz töten – und ich meine nicht nur Tripp Isenhour.

Doch die Schlagzeilen des Tages gehörten Voldemick, der die U.S.-Open-Vorbereitung unterbrach um zum Schulabschluss seiner Tochter nach Kalifornien zu fliegen. Big Deal! Erst einmal: Wer zur Hölle veranstaltet eine Entlassungsfeier für Achtklässler??? Um es in den Worten von unserem Präsidenten zu sagen: “Es ist selbstverständlich die 8. Klasse abzuschließen”. Was kommt als nächstes? Fliegt er vor der British Open (ja, ich sage British Open. Ich bin Amerikaner) zu einer Jubelfeier für seinen Sohn weil der ein Soccer-Spiel (nochmal: Amerikaner) ohne Eigentor überstanden hat?

Die wahren Helden waren eigentlich wir anderen. Wir haben bei strömendem Regen in Merion auf der Range gestanden während er bei strahlendem Sonnenschein in kurzen Hosen trainiert hat. Und kommt mir bloß nicht mit Reisestrapazen! Es ist ja nicht so, dass er Stunden am Check-In-Schalter verbracht hat. Wer so durch die Welt reist kommt tiefenentspannt an.

Donnerstag, 13. Juni

Es gibt nichts Besseres als den Tag mit einem herzhaften Lachen zu beginnen. Nein, ich rede nicht von diesem Onion-Artikel (NSFW!!!) den die Autoren zwar als Satire bezeichnen. Doch wenn man genauer darüber nachdenkt steckt eine brillante Geschäftsidee dahinter. Mal sehen was Steiny dazu sagt.

Ich rede auch nicht von meinen Nike-Kollegen Francesco Molinari und Carl Pettersson die heute den Albtraum aller Topmodels erlebten weil sie zusammen spielen mussten und das gleiche Shirt trugen. Bevor jetzt aber Stimmen kommen, dass unsere Marketing-Abteilung unfähig ist: Wir wollten damit nur zeigen, dass unsere Nike-Shirts in allen Variationen lieferbar sind: von S bis XXL.

Nein, den Lacher des Tages verdanken wir Chris Chaney. Da behauptet dieser Kerl doch ernsthaft Justin Rose wird die U.S. Open gewinnen. JUSTIN ROSE!!! Es ist doch immer wieder erfrischend zu sehen welch fehlgeleiteten “Experten” das Internet ein Forum bietet um ihre absurden Thesen in die Welt zu setzen.

Leider war der Rest des Tages nicht mehr so unterhaltsam. Ich habe mir gleich am ersten Loch wieder eine Handgelenksverletzung zugezogen weil Mike Davis meinte, das Rough müsse so dicht und fest sein wie die Frisur von Robert Rock. Aber wer die U.S. Open auf einem Bein gewonnen hat, kann sie auch mit einem Arm holen. Alles wird gut!

Freitag, 14. Juni

Gestern Nacht habe ich mir die Mitternachtspremiere von “Man of Steel” angeschaut. Ein unterhaltsames Vergnügen, aber ehrlich gesagt fand ich Henry Cavill ein wenig fehlbesetzt. Ich weiß nicht warum sie nicht bei der ersten Wahl geblieben sind, die schon seit 1996 in diversen Fachmagazinen als Idealbesetzung gehandelt wurde.

Die heutige Runde war eine echte Qual. Nicht, weil ich schon wieder mit Gonzo spielen musste (dieser Muppet-Titelsong ist ein echter Ohrwurm), mein Handgelenk so höllisch weh tat (jeder andere hätte aufgegeben), oder weil ich auf den Grüns vieles liegengelassen habe (und trotzdem die siebtbeste Runde des Tages spielte). Nein, es war einfach elendig langsam. 4 Stunden 43 Minuten hatte die USGA für die Runde vorgegeben, die letzten haben mehr als 5 Stunden 30 gebraucht. Wofür zur Hölle habe ich Stunden meiner Lebenszeit für diesen Werbespot geopfert wenn die Schnarchsäcke dann nichts unternehmen um ihre eigene Agenda durchzusetzen?



Natürlich liegt vieles auch an den äußeren Bedingungen, die Lindsey die Schuhe versauten. Aber vor allen Dingen das Setup des Platzes ist nicht gerade förderlich um schnell zu spielen. Wie schwer war der Platz heute? Sagen wir es mal so: Wenn man unseren stoischen Duffy, der die emotionale Bandbreite von Steven Seagal besitzt zu solch einer Reaktion bringt, spricht das Bände.

Samstag, 15. Juni

76 Schläge – die schlechteste U.S.-Open-Runde meiner Karriere. Mir ist heute nicht nach schreiben, manchmal sagen Bilder mehr als tausend Worte…



Sonntag, 16. Juni

Wenn man ohne Siegchancen in den letzten Tag eines Majors geht, ist das für jeden Spieler ein Scheiß-Gefühl. Für mich ist es allerdings noch deutlich schlimmer. Wie soll ich mich für eine solche Runde motivieren? Dass am Ende ein paar tausend Dollar mehr auf dem Scheck stehen mag Spieler wie Hideki Matsuyama, Mike Weir oder Shawn Stefani (netter Jubel, Buddy) zu einer Runde unter 70 motivieren – ich will einfach nur nach Hause. Mein einziges Ziel war es meine Wette vom ersten Tag zu gewinnen als Rory, Adam und Steve und ich einen Monatslohn darauf gesetzt haben wer am Ende das bessere Ergebnis nach Hause bringt. Tja, ihr beiden: Da habe ich Euch mal wieder gezeigt wer hier der Weltranglisten-Erste ist…

Dafür, dass ich völlig unmotiviert war, war die Runde gar nicht mal so übel – vor allem wenn man bedenkt, wie lächerlich Mike Davis einige Löcher gesteckt hat. Wenn die besten Spieler der Welt auf Loch 18 in zwei Tagen zusammengerechnet nicht ein Birdie hinbekommen, ist etwas mächtig falsch gelaufen. Und das erste Par 3 so lang spielen zu lassen, dass die meisten es nicht mal mit einem Driver erreichen konnten, ist einfach nur furchtbar. Uns zu zwingen mit einem Driver ein kleines Grün zu treffen, ist in etwa so als gibt man einem Gefäßchirurgen einen Klappspaten für die Operation in die Hand. Resultat sind immer unschuldige Opfer.

Was bleibt also Positives von dieser U.S. Open in Erinnerung? Da wäre in erster Linie natürlich SEIN gebrochenes Herz zu nennen. Manche wünschen ihren Erzrivalen, dass sie in der Versenkung verschwinden, aber ständig bei der U.S. Open nur auf dem zweiten Platz zu landen ist eine viel diabolischere Strafe.

Schön auch, dass Justin Rose gewonnen hat. Nicht nur, weil er ein feiner Kerl ist sondern auch weil sein Sieg zeigt, dass unser gemeinsamer Coach Sean Foley seinen Trainerschein doch nicht in der Lotterie gewonnen hat.

Vor allem aber freut es mich, dass Billy Horschel in der Schlussrunde eingebrochen ist. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der Junge ist schwer in Ordnung. Es gibt nicht viele, die in der Finalrunde eines Majors die Putts ihrer Mitspieler anfeuern ins Loch zu gehen. Aber wenn Billy gewonnen hätte, wäre er womöglich auf die Idee gekommen sich in Zukunft in jeder Schlussrunde so anzuziehen.


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